OLG Hamm: Entscheidung zum Erbteil eines enterbten Schlusserben

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In einer Entscheidung musste sich das Oberlandesgericht Hamm mit der Frage auseinandersetzen, wer einen enterbten Schlusserben „beerbt“. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Eheleute hatten in einem gemeinschaftlichen Testament bestimmt, dass nach dem  Tod des Erstversterbenden der überlebende Ehegatte Alleinerbe werden solle. Die beiden Töchter des Ehemannes aus erster Ehe – vorliegend war dieser zum zweiten Mal verheiratet – sollten Schlusserben des Letztversterbenden werden. Für den Fall, dass eine oder beide Töchter nach dem Tod des Erstversterbenden einen Pflichtteil fordert, solle die Schlusserbenstellung entfallen. Nach dem Tod des erstversterbenden Ehemannes machte eine Tochter den Pflichtteil geltend, die andere Tochter hingegen nicht.

Die überlebende Ehefrau setzte mit einem Erbvertrag ihre leibliche Tochter als Erbin ein.

Nach dem Tod der Ehefrau beanspruchte die Tochter des Ehemannes, die keinen Pflichtteil geltend gemacht hatte, einen Alleinerbschein und somit den hälftigen Schlusserbteil ihrer ausgeschlossenen Schwester. Die Tochter der Ehefrau berief sich auf den Erbvertrag.

Der 15. Zivilsenat des OLG Hamm bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichtes, welches der Tochter des Ehemannes den begehrten Alleinerbschein erteilt hatte. Der Alleinerbteil des ausgeschiedenen Schwester ist der anderen Schwester aufgrund des gemeinschaftlichen Testamentes angewachsen. Insoweit entspreche es dem Willen der Erblasser, dass der Verwandten des Ehemannes Vorzug vor der Tochter der Ehefrau gegeben werde. So hätten es die Erblasse in dem gemeinschaftlichen Testament verfügt. Diese Verfügung entfalte auch Bindungswirkung, so dass eine einseitige Änderung durch die Erblasserin nach dem Tode ihres Ehemannes durch Erbvertrag zugunsten ihrer eigenen Tochter nicht möglich sei. Die Schlusserbenbestimmung sei wechselbezüglich, was auch für den Fall gelte, dass einer der Schlusserben wegfalle. Eine anderweitige Regelung sei dem gemeinschaftlichen Testament nicht zu entnehmen, so dass die Ehefrau an diese Entscheidung gebunden war.

OLG Hamm, 27.11.2012 ,I-15 W 134/12

 

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