BGH: Verzögerte Bearbeitung Sozialhilfeantrag schützt nicht vor Wohnungskündigung

Der Bundesgerichtshof hat sich in einer Entscheidung vom 04. Februar 2015 mit der Frage beschäftigt, ob ein Vermieter einen unverschuldet in Geldnot geratenem Mieter wirksam kündigen kann.

In dem der Entscheidung zugrundeliegendem Sachverhalt hatte ein Mieter bereits seit Jahren Leistungen nach dem SGB II erhalten. Bereits in der Vergangenheit war er bereits in Zahlungsrückstand seiner Miete geraten. Der Vermieter kündigte 2013  und erhob Räumungsklage. Im Zuge dieser Klage gab das Jobcenter aufgrund einer einstweiligen Anordnung des Sozialgerichts eine Erklärung ab, wonach es die rückständigen Mieten übernehme. Gemäß der gesetzlichen Bestimmungen des § 569 BGB wurde die Kündigung damit unwirksam und das Mietverhältnis bestand fort.

Im Juli 2013 wurde das Jobcenter des Wohnortes für den Mieter zuständig. Er beantragte dort Sozialhilfe einschließlich der Übernahme der Wohnungskosten. Das Jobcenter lehnte die Übernahme der Mieten ab, woraufhin der Mieter Widerspruch erhob und bei dem Sozialgericht einstweiligen Rechtsschutz beantragte. Erst im April 2014 wurde eine einstweilige Anordnung erlassen, wonach das Jobcenter die Mieten September 2013 bis Juni 2014 zahlen sollte.

Zwischenzeitlich hatte der Vermieter erneut wegen Zahlungsverzuges der Monatsmieten Oktober 2013 bis März 2014 die fristlose Kündigung erklärt und Räumungsklage erhoben. Sowohl Amtsgericht und Landgericht haben der Klage stattgegeben. Auch die Revision des Mieters vor dem BGH hatte keinen Erfolg.

Nach Auffassung des BGH war die Kündigung wirksam. Der Mieter könne sich nicht darauf berufen, auf Sozialhilfe angewiesen zu sein und diese Hilfe rechtzeitig beantragt zu haben. Bei Geldschulden befreien unverschuldete wirtschaftliche Schwierigkeiten nicht von der Pflicht zur pünktlichen Leistung. Nach dem Motto „Geld hat man zu haben“, so der BGH, müsse jeder ohne Rücksicht auf Verschulden für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einstehen.

Der Schutz des Mieters sei darüber hinaus durch die bereits in Anspruch genommene Schonfrist aus § 569 BGB genüge getan. Diese komme hier nicht mehr zum Tragen, weil es bereits die zweite Kündigung innerhalb des festgelegten Zeitraumes von 2 Jahren war.

BGH, Urteil vom 04.02.2015, VIII ZR 175/14

Quelle: Pressemitteilung des BGH

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