Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist

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Mit Urteil vom 29.06.2016 (Az. IV ZR387/15) hat der BGH festgestellt, dass nach der Neufassung des § 2306 I BGB ein zur Anfechtung der Annahme einer Erbschaft berechtigender Irrtum auch dann vorliegt, wenn der mit Beschwerungen als Erbe eingesetzte Pflichtteilsberechtigte irrig davon ausgeht, er dürfe die Erbschaft nicht ausschlagen, um seinen Pflichtteil nicht zu verlieren.
In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte die Erblasserin ihren Enkel zu ¼ mit Beschwerungen zum Erben eingesetzt. Der Enkel, der auch pflichtteilsberechtigt war, erklärte nach Ablauf der Ausschlagungsfrist gegenüber dem Nachlassgericht, dass er die Erbschaft nicht annehmen wollte, aber die Frist zur Ausschlagung versäumt habe, weil er in dem Glauben war, dass er im Falle einer Ausschlagung vollumfänglich vom Nachlass ausgeschlossen sei. Gem. § 1956 BGB kann die Annahme durch Versäumung der Ausschlagungsfrist angefochten werden. Eine Anfechtung setzt gem. § 119 I BGB einen Inhaltsirrtum voraus. Motivirrtümer sind dabei grundsätzlich unbeachtlich. Hier hat sich der Beklagte nicht über den Inhalt der Versäumung der Ausschlagungsfrist geirrt. Er dachte aber, er würde bei Ausschlagung den Pflichtteilsanspruch verlieren. Es war daher umstritten, ob dieser Irrtum zur Anfechtung rechtfertigt.
Der BGH hat hierzu ausgeführt, dass ein Inhalts- bzw. Rechtsfolgenirrtum im Sinne von § 119 I BGB auch darin gesehen werden kann, dass der Erklärende über die Rechtsfolgen seiner Willenserklärung irrt, weil das Rechtsgeschäft nicht nur die von ihm erstrebten Rechtswirkungen erzeugt, sondern solche, die sich davon unterscheiden. Der Irrtum bestand hier darin, dass der Erbe dachte im Falle einer Ausschlagung gar nichts zu erhalten. Wobei die Ausschlagung gem. § 2306 BGB vorliegend gerade die Voraussetzung zu Erhalt des Pflichtteils ist. Da ein Laie sich unter einer Ausschlagung den vollständigen Verlust der Erbansprüche vorstellen kann und sich aus dem Wortlaut des 2306 BGB einem Laien nicht ohne weiteres das Gegenteil erschließt, ist die Auffassung des BGH zutreffend.
Ob der Erbe den Irrtum, wenn er sich rechtzeitig Rechtsrat eingeholt hätte, hätte vermeiden können ist unerheblich. Es kommt hier nicht auf die Vermeidbarkeit des Irrtums an. Allerdings musste im vom BGH entschiedenen Fall noch weiteres zum Sachverhalt aufgeklärt werden, so dass diese Angelegen an das Berufungsgericht zurück verwiesen wurde.

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