Auch wer rückwärtsfährt kann einen Anhänger „ziehen“

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Seit der Gesetzgeber im Juli 2020 die Haftung bei Unfällen, an denen ein Fahrzeug mit einem Anhänger beteiligt ist, neu geregelt hat, gab es Streit darüber, wie der Wortlaut des neuen § 19 Abs. 4 S. 4 StVG:
„Das Ziehen des Anhängers allein verwirklicht im Regelfall keine höhere Gefahr.“ zu verstehen ist.

Ziel des Geseztgebers war es, die Haftung für den Anhänger zu begrenzen, soweit sich dieser nicht „gefahrerhöhend“ ausgewirkt hat. Es sollte vorrangig wieder der Versicherer der Zugmaschine haften. So war es lange Zeit. Bis die Bundesregierung 2002 eine Gefährdungshaftung für die Halter von Anhängern in § 7 StVG einführte. Eine Entscheidung des BGH im Jahr 2010, auf Basis des neuen § 7 StVG räumte dem Versicherer des Zugfahrzeuges die Möglichheit ein den Versicherer des Anhänges im Schadenfall anteilig zur Kasse zu bitten. Diese „Anhängerregresse“ führten recht schnell zu einer erheblichen Verteuerung der Versicherungen für Anhänger. Da Güterverkehr mit Anhängern häufig grenzüberschreitend stattfindet, kamen durch die geänderte deutsche Rechtslage weitere Probleme auf. Denn bei Unfällen sind meist nicht nur deutsche Versicherungen beteiligt. Der Gesetzgeber wollte diese Miesere schnell beseitigen und zur alten Haftungsverteilung zurück. Es sollte wieder vorrangig die Versicherung des Zugfahrzeuges haften und nur in den Fällen, in denen dieser die Gefahr erhöht hat, die Versicherung des Anhängers.

Aus der Formulierung des Gesetzes konnte man aber auch folgern, dass dann, wenn nicht „gezogen“ wird eine Gefahrerhöhung vorliegt. Immer, wenn es also beim Rückwärtsfahren mit einem Anhänger zum Unfall kam, stritten die Versicherer des Anhänges und der Zugmaschine, wie die Haftung zu verteilen sei. Diesen Streit hat der BGH mit seiner Entscheidung vom 14.11.2023 Az. VI ZR 98/23 nun beendet, in dem er in einem solchen Fall festgestellt hat, dass auch das Rückwärtsfahren mit einem Anhänger ein „Ziehen“ im Sinne von § 19 Abs. 4 S. 4 StVG ist.

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