Rollstuhlfahrer verpasst Anschlussflug – Fluggesellschaft haftet für Verzögerungen

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Nach Art. 11 der FluggastrechteVO sind Fluggesellschaften verpflichtet, Personen mit eingeschränkter Moblilität vorrangig zu befördern. In der Realität müssen gerade Rollstuhlfahrer häufig warten, bis alle anderen Passagiere das Flugzeug verlassen haben, bevor sie ebenfalls von Bord gehen können.
So erging es auch einem Rollstuhlfahrer, der mit mehreren Personen in einer Gruppe einen Flug von Frankfurt a. M. nach Madrid und von dort nach St. Petersburg gebucht hatte. Da er, anders als seine Mitreisenden, in Madrid nicht zügig aussteigen durfte, verpassten er und seine Begleiterin den Anschlussflug nach St. Petersburg. Er musste sich für 227,27 € ein neues Ticket nach St. Petersburg kaufen.


Wieder daheim klagte der Rollstuhlfahrer auf Erstattung der Mehrkosten für den Ersatzflug und eine Ausgleichszahlung, da er und seine Begleiterin ihr Ziel erst 10 Stunden nach den Mitreisenden erreicht hatten. Das AG Frankfurt a. M. wies die Klage insgesamt ab. Aus Art. 11 der FluggastrechteVO ergäben sich keine Ansprüche. Im Berufungsverfahren vor dem LG Frankfurt a.M. wurden ihm immerhin die Kosten für den Ersatzflug zugesprochen. Für einen Anspruch auf einen Ausgleichsleistung wegen Ankunftsverzögerung meinte das LG, fehle es an einem Verweis in Art. 11, der die vorrangige Beförderung regele auf die in Art. 7 der FluggastrechteVO normierte Ausgleichspflicht.

Eine Ausgleichsleistung steht dem Fluggast auch dann zu, wenn bei einer einheitlichen Buchung eine Verspätung aus einem verpasten Anschlussflug resultiert und die Fluggesellschaft dafür verantwortlich ist.

Der BGH hat mit Urteil vom 20.06.2023, Az. X ZR 84/22, nun klargestellt, dass die vorrangige Beförderungspflicht den gesamten Beförderungsvorgang einschließlich der Phase zwischen direkten Anschlussflügen betrifft. Ein Verstoß gegen diese vorrangige Beförderungspflicht, beim Umstieg in den Anschlussflug, kann also zu einem Anspruch auf eine Ausgleichsleistung führen.

Da sich das Landgericht aber noch garnicht mit der Frage befasst hatte, ob eine einheitliche Buchung vorlag, hat der BGH den Fall mit der Maßgabe dies zu klären an das Landgericht zurückverwiesen.

Diese Entscheidung des BGH dürfte unabhängig vom Prozeßglück des Rollstuhlfahrers für viele Passagiere mit eingesschränkter Mobilität wegweisend sein. Auch verpasste Anschlussflüge aus der Vergangenheit könnten nun nocheinmal zu beurteilen sein. Die Ansprüche auf eine Ausgleichsleistung und Ersatz der Mehrkosten verjähren innerhalb von drei Jahren. Dabei beginnt die Verjährung erst zum Ende des Jahres in dem der Anspruch entstanden ist. Also können jetzt noch alle Ansprüche wegen Flügen seit dem Jahr 2021 geltend gemacht werden.

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