Das Amtsgericht München hat kürzlich darüber entschieden, unter welchen Voraussetzungen ein Pauschalreisevertrag ohne Rücktrittskosten storniert werden kann.
Es ging im Einzelnen um die Buchung einer Mittelmeerkreuzfahrt mit verschiedenen Besuchen in Italien, die für die Zeit vom 24.11.-05.12.2020 gebucht worden war. Wegen der sich verschlechternden Pandemie-Situation verkürzte der Kreuzfahrt-anbieter zunächst die Reise und legte als neuen Start- und Zielpunkt statt Hamburg Genua fest. Im Anschluss sollten dann noch verschiedene italienische Ziele angesteuert werden.
Diese Änderungen wurden von den Reiseteilnehmern zunächst akzeptiert; im Weiteren teilten sie dem Veranstalter am 06.11.2020 jedoch mit, sie wollten im Hinblick auf das aktuell verschlechterte Infektionsgeschehen die Kreuzfahrt insgesamt kostenlos stornieren.
Auch im Rechtsstreit vor dem Amtsgericht München wiesen die Reisenden darauf hin, dass aufgrund der Einstufung als Risikogebiet und die Verhängung einer Reise-warnung eine gravierende Beeinträchtigung des Reiseverlaufs vorhersehbar gewesen sei. Zudem habe in Italien eine nächtliche Ausgangssperre gegolten. Museen, Theater sowie Ausstellungen und Restaurants seien geschlossen gewesen.
Der Veranstalter verteidigte sich sinngemäß mit dem Argument, die Urlauber hätten schon während ihrer Buchung im Sommer 2020 mit einer Verschlechterung der Infektionslage in Herbst und Winter rechnen müssen. Mit diesem Argument weigerte sich der Veranstalter, den Reisepreis komplett zurückzuzahlen, sondern forderte eine Stornoquote von 90 %.
Im Urteil des Amtsgerichts wurde darauf hingewiesen, dass es für die rechtliche Bewertung regelmäßig auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankomme. Maßgeblich sei, ob die geplante Reise zum Zeitpunkt des Rücktritts als „erheblich beeinträchtigt“ anzusehen gewesen sei. Hier seien zwischen dem Zeitpunkt der Reisebuchung und dem Zeitpunkt der Reisestornierung weitere Beeinträchtigungen hinzugetreten.
Im Ergebnis gab das Amtsgericht den Reisenden Recht und verurteilte den Veranstalter zur vollständigen Erstattung des Reisepreises.
In derartigen Streitigkeiten ist es wichtig, dass präzise und umfangreich vorgetragen wird, woraus sich der Umstand der erheblichen Beeinträchtigungen konkret ergeben hat. Wird diese Verpflichtung zum Sachvortrag nicht sorgfältig berücksichtigt, droht ein Prozessverlust.
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Amtsgericht München, Urteil vom 15.06.2021, Aktenzeichen: 113 C 3634/21
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