Ein Mann erbte unter anderem eine Wohnung. Obwohl er einen Betreuer hat, schlägt er das Erbe selbst frist- und formgerecht aus. Sein Betreuer war für Wohnungsangelegenheiten sowie Vertretung vor Behörden und Gerichten bestellt worden. Als der Betreuer von der Auschlagung erfuhr, wollte er sie rückgängig machen, indem er die Ausschlagungserklärung angefochten hat.
Er begründet die Anfechtung damit, dass sein Betreuter wegen der Betreuung gar nicht wirksam ausschlagen könne. Außerdem habe er seine mit der Ausschlagung verfolgten Motive – er wollte keine Grundsteuer und kein Wohngeld für die Wohnungzahlen und etwas Gutes mit dieser tun- nicht erreicht.
Das Kammergericht Berlin hat mit Beschluss vom 20.01.2022 (19 W 174/21) entschieden dass die Ausschlagung wirksam war.
Auch wer unter Betreuung steht, kann selbst eine Erbschaft ausschlagen. Denn bei eine Ausschlagung ist eine Willenserklärung. Jede geschäftsfähige Person kann wirksam Willenserklärungen abgeben. Betreuung bedeutet nicht automatisch, dass man geschäftsunfähig ist! Auch wenn die Erbausschlagung gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht abzugeben ist, handelt es sich nicht um eine „Vertretung vor Gericht“. Da für die Betreuung weder ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet war, noch Anzeichen vorlagen, dass der Mann geschäftsunfähig war, war seine Ausschlagung wirksam.
Willenserklärungen können jedoch -unter strengen Voraussetzugnen- angefochten werden, wenn der Erklärende diese irrtümlich abgeben hat.
Die Ausschlagung könnte angefochten werden, wenn der Mann sich bei Abgabe der Ausschlagungserklärung über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Nachlasses geirrt hätte. Das aber war offensichtlich nicht der Fall. Der Mann wusste, dass eine Eigentumswohnung zum Nachlass gehört. Die mit der Ausschlagung verfolgten Ziele waren nur mittelbare Folgen und damit Motive. Solche Motivirrtümer berchtigen aber nicht zur Anfechtung einer Willenserklärung.
Der Fall zeigt deutlich, dass eine Betreuung nicht das Ende eigener Entscheidungsgewalt ist und im Zweifel vor einer jeder Erbausschlagung anwaltlicher Rat eingeholt werden sollte. Denn rückgängig machen kann man die Ausschlagung nur bei beachtlichen Irrtümern.
Quelle: DAV-Arbeitsgemeinschaft Erbrecht-